Rede der GOL-Fraktion zur Einbringung des Haushaltsplan 2023

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Lang, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, sehr geehrte Damen und Herren.

In meiner ersten Haushaltsrede, die ich als Fraktionsvorsitzende der GOL, der Grün-Offenen Liste halte, möchte ich die Vorhaben aus GOL-Sicht für 2023 darlegen und auch immer wieder einen kurzen Blick zurück ins vergangene Jahr werfen.

Zuvor möchten wir uns von der GOL bei Ihnen, Herrn Lang mit Ihrem Dezernententeam Frau Astrid Exo und Herrn Peter Ritter für Ihre geleistete Arbeit im vergangenen Jahr bedanken. Mit Ihrer Arbeit und Ihrem Engagement verhelfen sie der Stadt Wangen zu ihrem Gesicht, eine weltoffene und freundliche Stadt, traditionell und gleichzeitig in vielen Bereichen visionär.

Am 24. Februar 2022 begann der brutale Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dieser Krieg, der so viel Leid und Elend in die ukrainische Bevölkerung bringt, hat direkte Auswirkungen auf die Weltengemeinschaft und das Leben hier in Wangen. Zum einen erleben wir einen Anstieg der Preise für Energie und Lebensmittel in einem, bis vor kurzem nicht vorstellbaren Maße. Zum anderen kommen zusätzlich zu den geflüchteten Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und anderen Staaten, seit dem Frühjahr 2022 Flüchtlinge aus der Ukraine hier in Wangen an. An dieser Stelle möchten wir uns bei der Integrationsbeauftragten Frau Mutvar und allen Mitbürger*innen, für ihren enormen Einsatz bedanken, die geflüchteten Menschen, egal aus welchen Ländern sie kommen, zu unterstützen und Ihnen zu helfen, hier anzukommen und sich hier zurechtzufinden.

Unter diesen Voraussetzungen gilt mein Dank umso mehr, Ihnen Frau Winder und Frau Eisele sowie ihrem gesamten Team, für die Erstellung des Haushaltsplans für 2023. Es war sicherlich kein leichtes Unterfangen, den Haushaltsplan mit diesen ungewissen Prognosen, ich nenne hier nur Inflation und Energiepreise, zu erstellen. Umso mehr wissen wir um die Bedeutung dieses Haushaltsplans, der in diesem Jahr eine finanzielle Herausforderung darstellt. Sie haben Dringliches und Wichtiges in den Haushaltsplan aufgenommen und ihn insgesamt klug und besonnen erstellt. Gerade das brauchen wir in Zeiten der Krise, in der wir uns aktuell befinden.

Der Klimawandel und seine Auswirkungen sollten wir deswegen aber nicht aus den Augen verlieren. Das letzte Jahr war das Wärmste seit Wetteraufzeichnungen, Winter mit Schnee in Wangen, wird immer mehr eine Seltenheit. Wir in der Stadt Wangen und im Gemeinderat sind mehr denn je gefordert alles dafür zu tun, um den Auswirkungen der Klimakrise entgegenzuwirken. Wir brauchen den Mut zur Transformation und den Mut zur Selbstveränderung.

Gut, dass Wangen bereits seit Jahren in die Erweiterung des Nahwärmenetzes investiert, das zum größten Teil Wärme aus Holzhackschnitzel produziert. Sukzessive wurden öffentliche und, wo gewünscht und es möglich war, auch private Gebäude an das Nahwärmenetz angeschlossen. In diesem Jahr wird die Johann-Andreas-Rauch-Realschule an dieses Nahwärmenetz angeschlossen werden. An dieser Stelle ein Dank an Urs Geuppert, der mit seiner Energie und seinem Einsatz bei den Stadtwerken, Wangen in Richtung Klimaneutralität vorantreibt.
Um unabhängig von Gas zu werden, muss in Wangen ein weiteres Heizkraftwerk erstellt werden. Wir fordern deshalb, den Ausbau des Nahwärmenetzes mit einem weiteren Heizkraftwerk, um Wohnquartiere, die über Jahrzehnte gewachsen sind, wie z.B. Waltersbühl und Praßberg mit Wärme aus nachwachsenden Rohstoffen oder erneuerbaren Energien versorgen zu können.

In Wangen haben wir vier Wasserkraftanlagen, die Strom erzeugen. Für die große Nachfrage nach Strom sind aktuell zwei Freiflächen PV-Anlagen auf Wangener Gemarkung in Planung. Wir hoffen, dass diese beiden Anlagen in 2023 umgesetzt werden können. Diese Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem nicht ausreichend, um den wachsenden Bedarf an Energie in Wangen zu decken und um die Vorgaben, die im Klimaschutzgesetz der baden-württembergischen Landesregierung enthalten sind, umzusetzen.
Baden-Württemberg soll bis 2040 klimaneutral sein und bis 2030 müssen 65% der Treibhausgas-Emissionen, im Vergleich zu 1990, eingespart werden. Wir müssen Tempo aufnehmen bei der ökologischen Transformation und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Wir fordern daher die vorrangige und verstärkte Nutzung der Dächer der städtischen Gebäude für PV-Anlagen, die Überdachung von öffentlichen Parkplätzen mit PV-Anlagen sowie zu prüfen, inwieweit die Kläranlage in Pflegelberg überdacht werden kann und somit auch zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Das Solarcluster Baden-Württemberg bietet hier innovative Ideen an.

Zu einer ernsthaften und nachhaltigen Einsparung von CO2 gehört nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern auch eine nachhaltige Mobilitätswende. Wollen wir in Wangen ernsthaft die Treibhausgas-Emissionen einsparen, dann müssen wir auch den Verkehr nachhaltig gestalten und neu denken.
Seit einem Jahr haben wir im Stadtgebiet einen verbesserten Stadtverkehr der im Halbstundentakt für die Wanger*innen an den Werktagen und am Samstag, zur Verfügung steht und investieren dafür im Haushalt 480.000 Euro. An dieser Stelle ein Dank an unseren Mobilitätsbeauftragten Herrn Anders, ohne den diese Umsetzung so nicht möglich gewesen wäre. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber eben nur ein Schritt. Die Anbindung der Ortschaften sowie der Stadtverkehr am Sonntag und in den Abendstunden muss noch ausgebaut werden.
Wir fordern die Verwaltung auf, konstruktive und innovative Lösungen in Zusammenarbeit mit dem Landkreis zu finden, um den Bewohner*innen der Ortschaft Haslach, immerhin ein Ort mit 1130 Einwohner*innen, einen verbesserten ÖPNV anbieten zu können.
Den einen zu viel den anderen zu wenig, in diesem Dilemma stecken wir, wenn wir die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs fordern. Sind die meisten von uns doch zu sehr an die Nutzung des eigenen Autos gewohnt. Hier bedarf es neuer Ideen und Konzepten, wie wir in der Bevölkerung ein Umdenken anstoßen können hin zu mehr alternativen Mobilitätsmodellen. Ein Schritt zu anderen Formen der Mobilität, ist das Carsharing-Konzept in Wangen und wir freuen uns, wenn sich ein weiterer Anbieter für Carsharing hier in Wangen etabliert. Darüber hinaus bitten wir die Stadtverwaltung einen Vorschlag auszuarbeiten, wie Menschen, die ein Lastenrad kaufen wollen, unterstützt werden können.
Mit Carsharing-Angebot und Lastenrad, ist es privaten Haushalten möglich, zumindest auf den Zweitwagen zu verzichten, was kurz- und langfristig die private Haushaltskasse entlastet und einen großen Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Um die Mobilitätswende voranzutreiben und die selbstgesteckten Ziele zu erreichen – für Wangen heißt das eine Einsparung von 45% CO2-Emissionen pro Jahr bis 2035 -, fordern wir die Stadtverwaltung auf, bei neuen Baugebieten Carsharing- und Fahrradstellplätze mit zu planen ebenso die Anbindung an den ÖPNV mitzudenken.
Die Attraktivität der Wangener Innenstadt zu erhalten ist eine wichtige Aufgabe der Stadt. Mit unserer historischen Altstadt bieten wir ein reizvolles Angebot für Touristen aus Nah und Fern. Die Wangener Altstadt besteht aus einer kleinen Fußgängerzone, die gerade an den Wochenenden sehr stark frequentiert ist. Leider sind in der Altstadt, bis auf wenige Ausnahmen, alle Straßen für den motorisierten Verkehr freigegeben. Verursacht durch einen erheblichen Parksuchverkehr, kommt es immer wieder zu Konfliktsituationen zwischen Fußgänger*innen und Autofahrenden. Wir stellen daher den Antrag zur „Steigerung der Attraktivität der Wangener Altstadt“. Den Antrag dazu legen wir der Verwaltung heute vor, mit der Bitte um Vorlage im Gemeinderat. An dieser Stelle möchten wir auf den Antrag der GOL-Fraktion vom 13. Juli 2020 zur Reduzierung des Individualverkehrs, besser bekannt unter dem Titel „Autofreie Altstadt am Abend und an den Wochenenden“ verweisen. Auch diesen Antrag werden wir nochmals einbringen mit der Bitte um Vorlage im Gemeinderat.

Sehr geehrter Herr Lang, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Gemeinderat „wenn wir heute nichts tun, sind die Kosten für die Zukunft unbezahlbar. Diese Rechnung dürfen wir nicht den nachfolgenden Generationen überlassen“ ein Zitat der baden-württembergischen Umweltministerin Thekla Walker. Ja, wir sind in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen um die Klimaschutzziele zu erreichen, auch wenn diese Maßnahmen für die ein oder den anderen nicht attraktiv sind. Wir brauchen Mut zur Transformation, wir brauchen Mut zur Selbstveränderung, deshalb, lassen Sie uns mit der Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt, in Zusammenarbeit mit dem Wangener Einzelhandel und den Bewohner*innen der Altstadt, beginnen. Auch das ein Schritt zur nachhaltigen Mobilitätswende.

Am 26. April 2024 eröffnet die Landesgartenschau ihre Tore hier in Wangen. Wir von der GOL unterstützen sämtliche Maßnahmen, die im Rahmen der Landesgartenschau getroffen wurden und noch werden. Wir freuen uns auf das Landesgartenschaujahr 2024. Von der Landesgartenschau GmbH, dessen Aufsichtsrat und von Ihnen Herrn Lang als Aufsichtsratsvorsitzender, erwarten wir, dass sie diese Landesgartenschau unter den Aspekten des Klimaschutzgesetzes klimaneutral umsetzen werden, d.h. u.a.

  • bei der Versorgung einen Schwerpunkt auf regionale Produkte, Bio-Produkte und fair gehandelte Produkte legen und plastikfreie Verpackungsmaterialien einsetzen.

  • die Besucherströme so leiten, dass Sie bevorzugt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.

Ich bin zuversichtlich, dass unser engagiertes Landesgartenschauteam, mit den beiden Geschäftsführenden Edith Heppeler und Karl-Eugen Ebertshäuser, dies auch so umsetzen werden.
Gleichwohl fordern wir ein Mobilitätskonzept für die Landesgartenschau, als auch für ganz Wangen, welches eine nachhaltige Mobilität in Wangen entwickelt und das nicht nur Großparkplätze in der Peripherie bedeutet.

Die Landesgartenschau ist für Wangen die einzigartige Möglichkeit in Zusammenarbeit mit Bund und Land sowie auch mit dem unglaublichen Engagement von privaten Investor*innen neuen Wohnraum zu schaffen und aus einem Gelände, das bis vor kurzem noch eine Industriebrache war, eine neues, buntes und lebendiges Quartier entstehen zu lassen. Wir tragen die noch anstehenden Investitionen und auch die daraus entstehenden Schulden mit, weil wir das gesamte Projekt „Landesgartenschau Wangen 2024“ als ein nachhaltiges Projekt sehen, von dem alle hier in Wangen und den Ortschaften profitieren und auch nach 2024 profitieren werden.
In einem Teil des Landesgartenschaugeländes, dem ehemaligen Spinnereigelände, ist bereits Leben eingezogen. Auf den Auwiesen, die ebenfalls zum Landesgartenschaugelände gehören, entstehen in 2023 380 neue Wohneinheiten und ein Kindergarten (zur Anmerkung, der städtische Kindergarten „Im Ebnet“ wird 2025 dort einziehen). Auf den Auwiesen wird Wohnraum für viele junge Familien entstehen.
Hier ist die Stadt gefordert auch die entsprechenden Betreuungsangebote für Kinder zu schaffen. Nicht nur in der Stadt, sondern auch in den Ortschaften haben wir einen großen Bedarf an Betreuungsplätzen, dem wir aktuell nicht nachkommen können. Frau Feuerstein an Sie und an den Gesamtelternbeirat der Wangener Kindergärten einen großen Dank, dass es Ende 2022 eine Online Umfrage bei den Eltern in Wangen und den Ortschaften gab, um den tatsächlichen Bedarf an Betreuungsmöglichkeiten für unsere Kleinsten abzufragen. Wir sind gespannt auf das Ergebnis. Viele Frauen, es sind eben zum großen Teil Frauen, die sich um die Kinder kümmern, sind auch die Fachkräfte, die händeringend von den Unternehmen gesucht werden. Diese Frauen und Familien sind auf ein gutes Betreuungsangebot in Wohnortnähe angewiesen. Hier sind wir als Stadt in der Pflicht, das Betreuungsangebot für Kinder im Kleinkind-, Kindund Grundschulalter zur Verfügung zu stellen, denn in dieser pädagogisch so wertvollen Betreuung wächst die Zukunft unserer Gesellschaft heran und es ist wichtig für diese Zukunft gut zu sorgen.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein Grundrecht und muss auch Frauen zustehen. Umso mehr müssen wir als Gesellschaft darauf bedacht sein, dass es Frauen möglich ist, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, auch innerhalb der Familie. Viele Frauen erleben in ihrem häuslichen Alltag Gewalt. Diesen Frauen muss die Möglichkeit geboten werden, eine sichere Unterkunft zu finden, wenn sie aus dieser häuslichen Gewalt ausbrechen wollen. Wir fordern daher die Verwaltung auf, in Wangen, gemeinsam mit den Beratungsstellen von „Frauen und Kinder in Not“ einen Schutzraum in Form eines Frauenhauses anzubieten, wo sich Frauen, auch gemeinsam mit ihren Kindern, unabhängig von, und in Sicherheit vor, ihren gewalttätigen Männern, aufhalten können.

Wohnraum in einer angemessenen Größe und in einem angemessenen Preis zur Verfügung zu haben, sollte für alle Einwohner*innen in Wangen möglich sein – Alte und Junge, Menschen mit und ohne Behinderung, Zugezogene und Alteingesessene. So ermöglichen wir Miteinander statt Nebeneinander. Wir haben in Wangen leerstehende Wohnungen und Häuser und gleichzeitig Menschen, die Wohnraum suchen. Wir haben Familien deren Kinder ausgezogen sind und die Eltern gerne in eine kleinere Wohnung ziehen würden, aber keinen entsprechenden Wohnraum im selben Quartier oder in derselben Ortschaft finden. Aus diesem Grund stehen wir dafür, neue Wohnungen zu schaffen und gleichzeitig sorgsam mit unseren Flächen umzugehen. Im ERBA-Spinnerei Areal und den Auwiesen haben wir ein sehr gutes Beispiel wie neuer Wohnraum im Innenbereich einer Stadt entwickelt werden kann. Wir bleiben auch künftig bei dem Grundsatz – Innenentwicklung vor Außenentwicklung und begrüßen ausdrücklich, dass Paragraph 13b Baugesetzbuch zum 31.12.2022 ausgelaufen ist, also nur noch Baugebiete für die bereits ein Aufstellungsbeschluss gefasst wurde, in einem beschleunigten Verfahren behandelt werden können.
In 2022 wurden viele Baumaßnahmen umgesetzt, dafür möchten wir uns bei Ihnen Herrn Ritter und allen Mitarbeitenden im Bauamt für Ihre Arbeit im letzten Jahr bedanken. Sie alle haben viel geleistet, sei es im Tiefbau als auch im Hochbau, um sämtliche geplanten, baulichen Projekte umzusetzen. Es stehen viele Baumaßnahmen gerade im Wohnungsbau an, deshalb unsere Aufforderung an Sie Herr Oberbürgermeister Lang: Lassen Sie uns gemeinsam im 5 Technischen Ausschuss oder einem entsprechenden Gremium, Ideen und Konzepte entwickeln, wie vorrangig Flächen im Innenbereich für mehr Wohnraum genutzt werden können und innovative Wohnprojekte entstehen können und somit dem Ziel der Netto-Null-Versiegelung näher zu kommen. Wir haben in Wangen und besonders in den Ortschaften ein großes Potential dazu!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Lang, sehr geehrte Frau Winder, wir haben einen Haushaltsplan, der im Ergebnishaushalt ein Defizit von 1,95 Millionen Euro aufweist. Wir müssen Schulden aufnehmen, um die Investitionen, unter anderem auch für die Landesgartenschau, durchführen zu können. Wir sehen in diesen Investitionen einen nachhaltigen Beitrag zur Entwicklung unserer Stadt und unserer Gemeinde, deshalb tragen wir diesen Haushalt mit. Uns ist bewusst, gerade in der Krise bedarf es Respekt und Zusammenhalt, um sie zu meistern. Sie genießen unser Vertrauen, dass wir das kommende Jahr, mit dem uns vorgelegten Haushaltsplan gemeinsam schaffen. Wir wissen aber auch, dass es in Zeiten der Krisen gut ist einen Haushalt aufzustellen, der mit Besonnenheit und Mut gemacht ist. Und das haben Sie!

Dafür bedanke ich mich bei Ihnen auch im Namen der GOL!

Herzlichen Dank!

Doris Zodel

Fraktionsvorsitzende