Haushaltsrede der GOL-Fraktion zur Haushaltssatzung vom 20. Januar 2020

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, Herr Oberbürgermeister Lang, sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung, verehrte Anwesende, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, ich freue mich besonders, für die Grün-Offene Liste Wangen die erste Stellungnahme zu einem städtischen Haushalt so ganz am Anfang der zwanziger Jahre dieses damit schon nicht mehr so jungen einundzwanzigsten Jahrhunderts abgeben zu dürfen. Ich betone dieses Zahlenspiel deshalb, weil es gelegentlich nützlich ist, sich bewusst zu machen, wo man sich gerade auf dem Zeitstrahl befindet. Der Blick um 100 Jahre zurück geht an den Beginn der später so genannten Goldenen Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wir wissen inzwischen, was daraus geworden ist. Der Blick auf’s Heute lässt viele eine eher Angst machende Umbruchsituation erahnen, im Blick nach vorn tauchen dagegen mit 2030, 2040, 2050 oder 2100 laufend Jahreszahlen im Zukunftsnarrativ auf, zu denen wir bestimmte Ziele dringend oder unbedingt erreicht haben müssen.

Ich fasse den Bogen auch deshalb so groß, weil wir vor wenigen Wochen mit der Eröffnungsbilanz zur doppelten Haushaltsführung, der Doppik, vermutlich zum ersten Mal in der Stadtgeschichte eine Bilanz über alle öffentlichen Werte der Stadt Wangen erhalten haben. Mit ca. 211 Mio. € ergibt sich da eine höchst erkleckliche Summe, etwa das Zweieinhalbfache dessen, worüber wir heute als Jahresetat verfügen, und es ist an uns, diese Werte zu bewahren und sie sinnvoll und gemeinschaftsstiftend einzusetzen. Unser ganz großer Dank gebührt Ihnen, Frau Werner, Sie und Ihr Team haben die Eröffnungsbilanz in jahrelanger Klein- und Kleinstarbeit und mit dem Mut zur Improvisation erstellt und damit der Doppik die entscheidenden Grundpfeiler eingezogen. Diesen Dank darf ich auf Sie, liebe Frau Winder, ausdehnen, ich glaube manchmal, wir Rät*innen können nur vage ermessen, wie viel Fleißarbeit und auch Sorge hinter einem solchen Haushaltsplan stehen. Vielen Dank Ihnen und allen Mitwirkenden im Ritterhaus!

Ökologie, Soziales und Ökonomie sind im Sinne nachhaltigen Handelns die drei Ziele, für welche die GOL Wangen steht. So haben wir vor einem Jahr an dieser Stelle und auch in unserer Bewerbung bei den Mitbürger*innen im Zuge des Kommunalwahlkampfs 2019 unsere politische Gruppierung vorgestellt. Die Wähler*innenschaft hat uns im Mai mit einem großen Vertrauen ausgestattet, den wir als Gestaltungsauftrag für die kommenden Jahre wahrnehmen wollen, er bedeutet zugleich eine gestiegene Verantwortung. In diesem Sinne möchte ich mich zuerst der Ökonomie, den Finanzen, widmen.

Die Stadt Wangen erreicht im Plan 2020 ein winziges Plus von 33 000 € als Gesamtergebnis, dies jedoch nur unter Aufnahme von Krediten in Höhe von 11,9 Mio. €. Dazu kommen Darlehensaufnahmen aus dem Jahr 2019 in Höhe von 8 Mio. €. Es ist überaus verständlich, wenn einem nach vielen Jahren einer immer weiter abgebauten Verschuldung, zuletzt unter 4 Mio. €, Angst und bange wird um die städtischen Finanzen, vor allem, wenn man bedenkt, dass hinter diesen Rahmendaten die Annahme weiterhin sprudelnder Steuereinnahmen steckt, hier sei ein Dank an die vielen dafür verantwortlichen Wangener Betriebe eingeflochten. Uns bleibt nicht verborgen, dass alle städtischen Ämter zu großer Sparsamkeit angehalten werden, was wir grundsätzlich für richtig und vernünftig halten. Uns entgeht aber auch nicht, dass die Kämmerei, unterstützt vom Appell des Regierungspräsidiums, zur Steigerung der Ertragskraft des Haushalts aufruft.

Es lohnt ein etwas genauerer Blick: die Stadt investiert enorm, im vergangenen Jahr liefen so viele kommunale Baustellen wie noch nie und das geht in 2020 so weiter. Alle diese Maßnahmen, seien es Sanierungen oder Neubauten von Schulen und Kindergärten, seien es das runderneuerte Freibad Stefanshöhe und andere Sportstätten oder Investitionen in die Infrastruktur der Bahn und vor allem solche im Vorfeld der Landesgartenschau 2024, waren und sind berechtigt, vernünftig geplant und mit vertretbaren Abweichungen finanziell solide durchgezogen. Die GOL hat dem allem im Übrigen zugestimmt. Es gab keine ernsthaften Ausreißer, wir sind also im Plan beim Sanieren von Altbeständen, beim Investieren in Bildung und Betreuung und auf dem Weg zur LaGa 2024. Und dazu erwirtschaften wir durchschnittlich jährlich 7 Mio. € Abschreibungen wie es die Doppik vorsieht. Seit 2018 schon, ohne Jammern und Klagen, wie es angeblich in vielen der Kreisgemeinden anhebt, die erst jetzt, zum spät möglichsten Zeitpunkt, auf die Doppik umstellen. Man darf also sagen, die Stadt Wangen hat vorausschauend gut gewirtschaftet und die Umstellung bewältigt, ja sie darf jetzt sogar noch zusätzlich ca. 360 000 € verbuchen, weil der Landkreis seinen Kreisgemeinden mit einer auf 26 % erniedrigten Kreisumlage entgegenkommt.

Und nun kommt uns der Landkreis sogar noch weiter entgegen, indem er bereit ist, den Neubau der Alten Sporthalle, einem 70 Jahre alten Provisorium, als Bauherr für seine Schüler*innen selbst zu übernehmen, die Stadt also auch personell zu entlasten. Die GOL ist guter Dinge, dass sich die Standortfrage und alle berechtigten Nutzerinteressen durch einen Architektenwettbewerb einvernehmlich klären lassen. Warum also in Finanzdingen so zaghaft und vorsichtig? Wir meinen, nichts von all den laufenden und geplanten Investitionen ist falsch, gehen wir also auf dem Weg weiter, den das Investitionsprogramm bis einschließlich 2023 vorsieht, unterlassen wir es, in den Jahren bis 2024 zu Gunsten der LaGa laufende Aufgaben und Angebote der Stadt durch Sparzwänge zu vernachlässigen. Und darüber hinaus ist es uns als GOL wichtig, dass die Stadt in ihren planerischen und strategischen Überlegungen bereits an die Zeit nach 2024 denkt. Es wird eine Zeit nach der Landesgartenschau geben, haben wir den Mut, mit einer Klammer die Jahre der Vorbereitung auf dieses große Ereignis mit dem Blick in die Zukunft und die Aufgaben und Chancen danach zu verbinden!

Ich möchte unter sozialer Nachhaltigkeit Bildung und Betreuung mit den Schulen und Kindergärten, Kultur und Sport in all seinen vielen Facetten und das Thema Wohnen einordnen. Wir tun als Stadt viel für unsere Schulen und Kindergärten, im Mittelpunkt stehen in diesen Jahren die Sanierungsarbeiten für die Realschule, für die wir nach wie vor auf einen Schulcampus Wert legen, der mehr ist als nur eine Aneinanderreihung pragmatisch sanierter Teilgebäude. Nicht ohne Grund legt auch der Landkreis als Bauträger unserer neuen Alten Sporthalle Wert auf das Entstehen eines Schulcampus, eines Areals, das mit Aufenthaltsqualität zur Begegnung und zum Entspannen den jungen Menschen dient, die dort einen großen Teil ihres Alltags verbringen.

Der Digitalpakt des Bundes mit den Ländern für die Schulen war ein länger umstrittenes Thema im vergangenen Jahr. Bricht man die zugesagten 5 Mrd. € bundesweit bzw. 650 Mio. € für Baden-Württemberg auf unsere Stadt herunter, so könnten die Wangener Schulen in den kommenden Jahren 1,4 bis 1,5 Mio. € abrufen. Uns als GOL ist es wichtig, dass neben der administrativen Unterstützung für die Schulen mit dem Geld nicht nur die Ausrüstung von Räumen bzw. Klassen mit Tabletts oder vergleichbarer Hardware vorangetrieben wird. Vernünftigerweise verlangt die Schulverwaltung von jeder Schule einen Medienentwicklungsplan, in dem neben der reinen Ausstattung und dem Einsatz von Lernprogrammen aller Art auch deutlich werden muss, wie man sich vor Ort im Einzelnen digitales Lernen als Konzept vorstellt. Digitalisierung, ich habe es letztes Jahr schon betont, ist kein Selbstzweck, der vor allem zu möglichst hohen Umsätzen der beteiligten Industrien führen soll, sondern hat dem Menschen zu dienen. In der Schule muss vorrangig zuerst der selbstbewusste und selbstbestimmte Umgang in Form von Medienerziehung gelernt werden, anschließend können Lernprogramme zum Einsatz kommen, die aber klassisches analoges Lernen niemals ersetzen können. Wir bitten die Stadt, hierauf bei der Weitergabe der Medienentwicklungspläne ihrer Schulen, gegebenenfalls auch ihrer Kindergärten zu achten.

Bei den Sportstätten möchten wir die Sanierung des Umfelds der Eisbahn nicht in Vergessenheit geraten lassen, die Planungsrate von 20 000 € muss in 2020 auch eingesetzt werden. Ich konnte mich kurz vor Weihnachten persönlich davon überzeugen, dass der Förderverein der Eissportabteilung der MTG unter neuer Leitung eine kluge Zusammenarbeit mit dem Eissportverein Ravensburg eingegangen ist. Sie bietet begeisterten Jugendlichen die Chance, auf unterschiedlichem Niveau einer bezahlbaren Wintersportart zu frönen, die in Zeiten der Klimaveränderung eine vertretbare Alternative zum teuren und ökologisch fragwürdig gewordenen Skisport bildet.

An dieser Stelle hat sich die GOL immer wieder zum Thema Wohnen geäußert. Wir sehen mit Freude, dass sich ein Trend zu flächensparendem Bauen durchzusetzen beginnt, auch im ländlichen Raum. Bauen in die Höhe wird zum Thema in der Auwiesensiedlung, in den Planungen für das Gelände der ehemaligen ERBA-Ausrüstung (NTW), dort inzwischen selbst bei Zweckbauten für Industrie und Gewerbe bis hin zur Quartiersgarage an der Spinnereistraße. Diesen Gedanken wollen wir unterstützen und fordern darüber hinaus, Wohnen der Zukunft generell so zu planen, dass Gemeinschaft in Form von möglichst viel gemeinsam genutztem Raum entstehen kann, innerhalb von Gebäuden und als grüner Wohnhof zwischen ihnen. Damit wird ein soziales Klima im Kleinen gefördert, Engagement für gemeinsame Ideen und Projekte steht vor der Abschottung hinter hohen Hecken und Zäunen. Diese Chance erhalten wir bei der Vergabe der Teilbereiche im künftigen Baugebiet zwischen der Haid und der Wittwais, bei den weiteren Quartieren am Auwiesenweg und bei allen künftigen Baugebieten, auch in den Ortschaften. Die HKH Holding aus Friedrichshafen wollen wir bei allen weiteren Planungsschritten im Gebiet „Argenbogen“ begleiten und sie in ihrer unserer Meinung nach richtigen Konzeption unterstützen. Und lassen Sie uns vor allem unsere immer zahlreicheren älteren Mitbürger*innen bei der Planung und Bereitstellung von geeignetem Wohnraum nicht vergessen, ich meine damit unsere Wangerinnen und Wangener. Ich wähle bewusst das Wort „vergessen“, denn für Familien tun wir schon sehr viel und manchmal auch für entfernte und zahlungskräftige Auswärtige.

Soziales Klima beginnt im Wohnumfeld, setzt sich in Kindergarten, Schule und Arbeitsplatz, in der Freizeit fort und beeinflusst schlussendlich jedweden gegenseitigen Umgang von uns untereinander. Dass wir uns darum vermehrt bemühen müssen, letztlich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt, kann hier nur ganz massiv betont werden. Regelverstöße dagegen sind nur allzu selbstverständlich geworden, von der „großen“ medienbetonten internationalen Politik über verbale Entgleisungen vorwiegend rechtsgerichteter Parteien in Europa und Deutschland bis herunter auf unsere lokale Ebene, wenn z.B. Fasnetsbrauchtum zu Alkoholexzessen missbraucht wird. Und zum sozialen Klima gehört auch Gendergerechtigkeit, wie von uns immer wieder erinnert wird. Hier hat die Stadt, sei es als Arbeitgeberin, sei es als Taktgeberin in vielen öffentlichen Prozessen, eine große Vorbildfunktion, wir im Rat müssen in unseren Parteien und politischen Gruppierungen um gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter im politischen Prozess kämpfen. Noch immer sind auch nach den letzten Wahlen viel zu wenige Frauen in unseren Ortschaftsräten, im Gemeinderat und im Kreistag.

Beim dritten Schwerpunkt, der Ökologie, komme ich nicht umhin, die eingangs erwähnten Zehnjahreszeitpunkte wieder aufzugreifen. Viel hat sich im vergangenen Jahr getan, auch in Wangen hat sich die Bewegung Fridays for future deutlich zum Thema Klima zu Wort gemeldet. Profitierend von einer sehr glaubwürdig wirkenden Ikone Greta Thunberg, einem tollen jugendlichen Schwung und der enormen Geschwindigkeit digitaler Ausbreitungsmöglichkeiten ist die Idee 2019 um den Globus gegangen. Kritisch zu sehen ist ihr Versuch, Generationen gegeneinander in Stellung zu bringen, im Sinne von „gute Junge“ gegen „böse Alte“, dies ist überhaupt nicht zielführend. Notwendig ist ein Überdenken des eigenen Verhaltens bei uns allen, alt und jung, und dazu gehören neben Ess- und Einkaufsgewohnheiten, der eigenen Mobilität, dem Reisen auch der energie- und ressourcenverbrauchende digitale Konsum.

Unter den zahllosen Veröffentlichungen zum Thema Klima hat mir nur ein einziges Konzept schlüssig eingeleuchtet, es war ein Beitrag im SWR 1 Format „Leute heute“ vom 10. September 2019 mit Professor Felix Ekardt, Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klima in Leipzig und Berlin. Zur Einhaltung der 1,5°-Grenze der globalen Erwärmung, die rechtsverbindlich im Pariser Klimaabkommen der UN beschlossen worden ist, an deren Umsetzung wir aber zu scheitern drohen, empfiehlt er weder Freiwilligkeit noch Zwang, sondern ein ökonomisches Instrument. EU-weit, auf Druck von Deutschland als wirtschaftlich stärkstem Staat, ersteigern z.B. die wenigen Konzerne, die fossile Energie für Strom, Wärme, Mobilität, den agrarischen Bereich und Kunststoffe in Umlauf bringen, Zertifikate. Deren Menge ist beim Start auf den heutigen Stand bemessen und sinkt Jahr für Jahr, bis sie 2040 auf Null gesunken ist. Automatisch steigt damit deren Preis, und wir alle, ob Individuen oder Gemeinschaften wie z.B. unsere Stadt, müssen unser Verhalten auf diese Entwicklung einstellen. Ergebnis wäre der Nullkonsum fossiler Brennstoffe in zwanzig Jahren. Übrigens, das Interview ist im Netz problemlos unter obigem Format aufrufbar, und selbstverständlich kann man über Klimakonzepte streiten, aber wir sollten uns in Bälde auf eines einigen und ihm folgen, Zuwarten hilft nicht.

Was bedeutet nun solch ein Konzept für Wangen? Die GOL hat beschlossen, hierzu zunächst drei Anträge einzubringen, sie liegen Ihnen vor. Der Antrag auf Klimavorbehalt möchte uns dafür sensibilisieren, alle unsere Entscheidungen unter dem Blickwinkel ihres Einflusses und ihres Zusammenhangs mit der Klimafrage zu treffen. Wangen wäre im Falle einer Zustimmung damit nicht alleine, sondern in einem Boot mit vielen anderen Kommunen, vor allem aber mit der Europäischen Union, die jüngst sogar zum Instrument des Klimanotstands gegriffen hat. Neben konkreten Details innerhalb des Antrags wie dem Umgang mit Baumbestand bei Bauvorhaben und dem Einsatz von Mehrweggeschirr bei Veranstaltungen stellen wir beim Thema „Schottergärten“ einen klassischen „Verbotsantrag“, der in die örtliche Bauvorschrift neuer Bebauungspläne aufzunehmen ist. Der dritte Antrag dringt auf die beschleunigte Einrichtung von Fahrradabstellplätzen und will die Attraktivität des Fahrradfahrens sowie des Umstiegs vom Rad auf Bus oder Bahn erhöhen. Zu den drei Anträgen bitten wir die Stadtverwaltung innerhalb der üblichen Frist, das sind zwei Gemeinderatsitzungen, um ihre Stellungnahme und um anschließende Entscheidung im Rat.

Komme ich also zu einer IST-Aufnahme für Wangen in Sachen Ökologie und damit Klimaschutz. Beim Thema Biodiversität, ich könnte auch sagen „Wiesenstadt“, tut sich vermutlich einiges, leider bleibt es der Öffentlichkeit und auch uns etwas verborgen. Die GOL hat daher bereits im September um einen Sachstand hier im Rat gebeten, ich wiederhole die Bitte, verbunden mit der Überzeugung, dass in unserer Stadt eine ganze Menge ehrenamtlichen Engagements bereit steht, hier mit Hand anzulegen.

Bei der Ökostromerzeugung durch Wasserkraft und beim Ausbau des Nahwärmenetzes sind wir dank der herausragenden Arbeit von Herrn Geuppert sehr gut unterwegs, vor einem Konzept mit Null fossiler Energie bis 2040 müsste uns hier nicht bange werden. Die Stromproduktion aus regenerativen Quellen über Photovoltaik müssen wir toleranter und offensiver zulassen, im Bereich der ERBA, bei den Arbeiterhäusern und deren Umfeld sowie auf dem Parkdeck der Quartiersgarage muss eben auch einmal der Denkmalschutz hinter dem Klimaschutz zurücktreten. Anträge auf Photovoltaikanlagen in der freien Landschaft müssen wir gegenüber Landkreis und Regionalverband unterstützen, wo immer es vertretbar ist. Die Energiebilanz unserer zahlreichen Liegenschaften hat sich laut Bericht im Energieteam leider nur marginal verbessert, hier bleibt in den nächsten Jahren entweder sehr viel zu tun oder wir müssen die schwierigen und umfangreichen Sanierungsfälle wie etwa das ehemalige Haus der Jugendmusikschule in der Lindauer Straße in andere Hände geben.

Bleibt das Thema Mobilität, unsere große Schwachstelle. Der Verkehr nimmt in Wangen, gefühlt oder real, immer noch zu, die B32 und ihre Querverbindungen sind immer öfter verstopft oder am Kollabieren. Die GOL unterstützt alle Verbesserungen für den Verkehrsfluss, d.h. den provisorischen Kreisverkehr an der Isnyer Kreuzung, die neue Steuerung für die Lichtsignalanlagen und ein digitales Parkleitsystem, ist sich aber bewusst, dass im motorisierten Individualverkehr (MIV) nicht die Zukunft von Mobilität liegt, schon gar nicht in einem mit fossilen Antriebssystemen. Was tun? Alternative Verkehre, d.h. zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Bus und Bahn müssen attraktiver, das Auto muss unattraktiver werden. In der Abwägung, ob man „halt wie immer das Auto nimmt“ oder andere Verkehrsmittel, spielt eine entscheidende Rolle, ob ein Bus in erreichbarer Nähe hält, verlässlich und in dichtem Takt, z.B. halbstündig, fährt, bequem ist beim Bezahlen und beim Benutzen und barrierefrei beim Ein- und Ausstieg. Und das Abstellen des Autos muss etwas kosten.

Damit sind wichtige Eckpunkte genannt: der künftige Stadtbusverkehr muss die obigen Forderungen erfüllen und er muss in einer Vernetzung mit den Ortschaften in einen schnellen Regio-Busverkehr und den elektrifizierten Bahnverkehr eingebettet sein. Für Letzteres ist der Landkreis federführend, weshalb wir eine intensive Zusammenarbeit auf dieser Ebene suchen müssen. Dessen Interesse muss es auch sein, dass die Isnyer Brücke nicht bis weit in die Zwanziger Jahre ein für schwerere Busse unpassierbares Nadelöhr bleibt, das dem gesamten ÖPNV-Netz im östlichen Landkreis im Weg ist. Ein Neubau mit Unterstützung und im Interesse des Landkreises muss deshalb vor 2024 möglich sein. Wir sind überzeugt, dass die Stadt unter intensiver Mitarbeit des neu gegründeten AK Mobilität zusammen mit Dezernatsleiter Herrn Ritter und unserem neuen Mobilitätsbeauftragten, Herrn Anders, bis Ende 2021 gute Lösungen präsentieren wird. Auf der anderen Seite ist das Parken in Wangen viel zu günstig. Andere Städte in der Region verlangen das Zwei- bis Zweieinhalbfache je Stunde in ihren Innenstadtbereichen, die „Brötchentaste“ scheint es nach Internetrecherche nur in Wangen zu geben. Der Anteil gebührenfreier Parkplätze ist im Vergleich bei uns sehr hoch. Die GOL erwartet von der Stadtverwaltung in Bälde Vorschläge, die das ändern, nicht zuletzt, um die Ertragskraft unseres Haushalts zu steigern – siehe oben.

Innerstädtische Fahrradverbindungen – für die außerorts an den Kreisstraßen werden wir Grüne beim Landkreis Druck machen – müssen gepflegt und weiter entwickelt werden, sie müssen sicher und im Zweifel von Fußwegen getrennt geführt sein. Wie Busspuren können sie künftig auf Kosten von Kfz-Spuren verlaufen, auch das macht Autofahren im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern unattraktiver. Gleiches gilt für Fußgänger*innen und deren Wegeverbindungen, wir dürfen nicht vergessen, dass sie ebenfalls zu einer verbesserten Ökobilanz einer Stadt beitragen.

Die GOL verzichtet im Moment auf einen Antrag, der die Verkehrsberuhigung der Altstadt konkret angeht. Schritte dorthin werden von vielen Menschen, die in der Altstadt wohnen, und von solchen, die nicht dort wohnen, aber sie in ihrer Einzigartigkeit schlicht genießen wollen, erwartet. Sie zu blockieren und einfach alles so zu lassen wie es ist, kann nicht klug sein. Dass auch am Wochenende jede noch so kleine Mahlzeit bei den üblichen Fast-Food-Gaststätten unbedingt mit dem Auto abgeholt werden muss, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Möglichkeiten zum Einstieg gibt es viele: neben den erhöhten Parkgebühren die Abtrennung von Unter- und Oberstadt an der Schnittstelle Eselberg oder Poller, die die Einfahrt an Bindstraße, Karlstraße, Schmidstraße und Herrenstraße mit noch zu überlegenden Taktzeiten regeln. Seien Sie mutig, Sie haben unsere Unterstützung und sicher die der Mehrheit der Bewohner*innen und Benutzer*innen der Altstadt.

Viel Stoff zum Nachdenken von GOL-Seite, sicher, ich möchte aber nicht, dass darüber das Lob, Herr Oberbürgermeister, für Ihre Arbeit und die der gesamten Stadtverwaltung zu kurz kommt. Wir danken für die gute und offene Zusammenarbeit mit Ihnen und mit allen anderen Fraktionen und Gruppierungen hier im Hause, es macht Spaß, im Rathaus dabei zu sein.

Mit diesen Schlussworten stimmt die Fraktion der GOL der vorgelegten Haushaltssatzung 2020 zu und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Tilman Schauwecker

Fraktionsvorsitzender

Die Anträge: